Naturheilpraxis für klassische Homöopathie

Gerhard Hartusch M.A.

Acidum butyricum, Buttersäure

"Wenn ich sauer bin, weil nicht alles in Butter ist, wie soll ich dann schlafen können?"
Fall: chronische Schlafstörung


23.2.2000 Erstanamnese
Benjamin B., 24J. Hauptbeschwerde:"Ich kann seit 2-3 Jahren nicht einschlafen und denke die ganze Nacht über Probleme nach, was man verbessern könnte. Morgens fühle ich mich dann k.o." Eine solch langanhaltende Schlafstörung in diesem Alter ist eher selten. Die Schlafstörung ist auch nicht bestimmten Umständen zuzuschreiben. Der Patient war früher als kleiner Junge schon mal eine Zeit lang wegen Schlafproblemen bei mir in Behandlung gewesen.

10.3.1987 - 19.4.1988
Damals mit nur wenigem oder nur teilweisem Erfolg - gegebene Mittel: Coffea LM 18, LM30 (schlaflos durch freudige Ereignisse) nervös, grübelt über Vergangenes oder über die Zukunft Phosphorus LM 30, LM 60
Aethusa LM 30
Lycopodium LM 18, LM 30

Der junge Mann beschreibt sich als extrem gewissenhaft "auch wenn es keiner merkt, halte ich alles ein, was ich zugesagt habe" - Ich habe hohe Ansprüche an Verhaltensregeln, die Anderen nerven mich , die haben kein Rückrat. "Alles hat seinen Platz, das Glas muß z.B. genau in der Mitte des Bierdeckels stehen".

Er studiert Maschinenbau, sucht die Auseinandersetzung auch bei den Mitstudenten, er provoziert häufig. "Ich mag nichts Verlogenes."

Weitere Symptome:


Analyse:
Am Auffälligsten erscheint die große Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit dieses jungen Mannes. Die Schlafstörung scheint mit diesem Charakterzug eng gekoppelt zu sein: "Ich denke die ganze Nacht darüber nach was man verbessern könnte". Er wirkt dabei aber nicht schüchtern oder gehemmt. Das zweite deutliche und leicht zufassende Symptom ist der übelriechende, fressende und starke Fußschweiß.
Die Kombination : Gewissenhaftigkeit und übelriechender Fußschweiß bringt Silicea ins Spiel. Er ist aber ausgesprochen warmblütig und er provoziert gerne. Nein, Silicea rückt in den Hintergrund. Auch Arsen kennen wir als kaltes Mittel. Vielleicht Carcinosinum oder Graphites?
Bei der Repertorisation nach "kleinen Mitteln" hierarchisiert, kommt Acidum-butyricum in die vorderen Ränge.
Ein Blick in den Boericke: Macht sich Sorgen über Kleinigkeiten, dauernder Zustand von Angst und Nervosität; ausgesprochene Schlaflosigkeit; reichlicher, übelriechender Schweiß der Füße, das klingt doch überzeugend. Wenn bei einem doch relativ unbekannten Mittel so viele Symptome passen, dann ist es einem großen Mittel, auch wenn hier noch einige Modalitäten z.B. Nahrungsmittelverlangen besser passen würden, vorzuziehen.

Verordnung: Acid- butyricum C 30, 1 x 3 Glob.

29.2.00
Nach der Mitteleinnahme bekam er im rechten Ohr einen Druck, wie wenn sich ein Ballon aufbläst und 1 Minute lang einen heftigen Schmerz. Das Druckgefühl wurde im Laufe der Woche immer weniger, aber es ist nachts und morgens schlimmer. Seit dem Mittel schläft er sofort ein, insgesamt schläft er doppelt so lange wie üblich und ist morgens erholt.


Kommentar: Der Praxisbesuch war schon nach 1 Woche notwendig geworden, wegen der neuen Symptomatik im rechten Ohr. Da diese Symptome am Abklingen waren und es nach einer sehr guten Gesamtreaktion aussah bekam der Patient 3 Glob. Placebo. Der Traum und die Erfahrung im Praxissemester deutete ich dahin, dass er innerlich in einen Prozess gekommen war, sich mit seinem idealistischen Anspruch und seinem Perfektionismus auseinanderzusetzen. (Man kann das Leben auch ohne Beine meistern).

21.3.00
Schlaf ist sehr gut. Fühlt sich auch sonst gut, ruhiger geblieben, nicht so nervös. Fußschweiß vielleicht besser. "Es stört mich zur Zeit, dass ich über Dinge nicht mehr so nachdenke und auch mal fünfe gerade sein lassen kann".

Verordnung: abwarten

9.5.00
Seit 3 Wochen hat die Wirkung nachgelassen. Es ist zwar immer noch besser als früher, aber nicht mehr ganz so gut mit dem Schlafen. Er hat Angst etwas Verdorbenes zu essen schaut auf jedes Verfallsdatum und er muß die Verpackung selber aufmachen, weil er den anderen nicht traut.
Fußschweiß eher besser
Rechtes Ohr: alles in Ordnung

Verordnung: Acidum butyricum C30 1 x 3 Glob

13.6.00
Schlaf konstant gut
Warze am rechten Zeigefinger geht zurück (hat es erst jetzt erwähnt)
Fußschweiß besser
"Stehe zur Zeit vor Prüfungen, das macht mich nervös und verbissen. Bin auf meine Arbeit konzentriert, pingelig, dulde keine Ablenkung."

Verordnung: abwarten
Ich werte den angespannteren Gemütszustand der Situation entsprechend und orientiere mich daran, dass er trotzdem konstant gut schläft.

Behandlungsende
Da noch andere Familienmitglieder bei mir in Behandlung sind, weiß ich über die anderen, dass der Erfolg anhaltend war.

Fall. chronische Schlaflosigkeit zweiter Teil

Der Vater (Gerhard B. 54 J.) , des obengeschilderten Patienten kommt am 6.2.01 ebenfalls wegen Schlafproblemen in die Sprechstunde. Er sei "nachtaktiv und kann nicht abschalten und kann deswegen nicht einschlafen". Eigentlich kommt er wegen ständigem Erkältetsein; seit 6 Monaten sei er ständig schlapp und müde, es fehle ihm alle Initiative. Auch er war früher von 1988 bis 1996 mit großen Unterbrechungen von mir mit mittelmäßigem Erfolg behandelt worden. Meistens ging es um Schlafprobleme, an denen er seit seiner Bundeswehrzeit 1967 litt. Bisheriges Mittel war Lycopodium XM in großen Abständen. Phasenweise auch Lycopodium LM 30. Mit Lycopodium gab es deutliche Verbesserungen.

Der Patient glich in seiner Art der Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit extrem der Art seines Sohnes, so dass ich ihm ohne zu repertorisiern ebenfalls Acidum- butyricum C 30 gab.

6.3.01 Nach 1 Woche wurde der Antrieb besser, die Erkältung besserte sich, der Auswurf wurde weniger und der Schlaf besserte sich deutlich, sowohl das Einschlafen ,als auch die Erholung morgens.

Verordnung: abwarten

4.1.05 (nach 4 Jahren)
Anruf meinerseits:
Die Schlafstörungen sind insgesamt besser geblieben. An das Mittel Acidum- butyricum kann er sich aber nicht mehr erinnern. Gelegentlich nehme er in einer Art Selbstbehandlung Lycopodium, das er ja über viele Jahre als sein Mittel kennt. Fazit: Diese letzte Aussage relativiert die objektive Sicherheit bezüglich des Mittelerfolges. Aber im Zusammenhang mit der längeren Beobachtungszeit bei seinem Sohn und der ähnlichkeit der beiden Problematiken, habe ich subjektiv ein großes Sicherheitsgefühl in die gemachten Aussagen.